1 Film, 2 Meinungen: TOTAL TRUST

Darum geht es…

TOTAL TRUST zeigt Anhand eindringlicher Schicksale von Menschen in China, die überwacht, eingeschüchtert und sogar gefoltert wurden, die Gefahren aktueller Technologien in den Händen einer ungezügelten Macht. Mit China als Spiegel schlägt der Film Alarm: Der zunehmende Einsatz von digitalen Überwachungstools ist längst ein globales Phänomen – auch in demokratisch geführten Ländern.

Der 90-Minüter erzählt die Geschichten dreier inspirierender, unbeugsamer Frauen, die leidenschaftlich für Gerechtigkeit kämpfen – sei es für sich selbst oder für ihre Angehörigen. Der beobachtende Dokumentarfilm begleitet die zunächst unauffälligen Menschen auf ihrem Weg zu bedingungslosen Verteidigerinnen individueller Freiheit angesichts permanenter staatlicher Überwachung und Schikane, der sie ausgesetzt sind.

Hier könnt Ihr einen Blick auf den Trailer werfen…

Das sagt Aki zu Total Trust…

TOTAL TRUST wirkt wie eine beklemmende Folge von Black Mirror. Totale Überwachung der Bevölkerung. Ein Punktesystem für Gehorsam sorgt für Verhaltenskontrolle, unzählige Kameras, Gesichts- und Stimmenerkennung im öffentlichen Raum für Überwachungskontrolle. Wer sich dem widersetzt, wird schikaniert, verhaftet und/oder gefoltert. Dass dies für viele Menschen zum Alltag gehört, ist bekannt, lässt einem aber trotzdem einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Umso schlimmer, wenn man bedenkt, dass solche investigativen Dokumentationen wichtiger denn je sind, sich aber in naher Zukunft wohl kaum etwas ändern wird…

George Orwell gegen das System

Die Geschichte dieser drei Frauen hat mich gebannt vor dem Film sitzen lassen.
Zijuan Chen opfert alles, um für die Freilassung ihres Mannes zu kämpfen. Der Anwalt für Menschenrechte wurde genau wegen dieser willkürlichen Verhaftungen im Jahr 2020 selbst inhaftiert. Die Anklage: Untergrabung der Staatsmacht. Seitdem wird sie nicht müde, Petitionen einzureichen, mit Videobotschaften die Außenwelt zu informieren und dem gemeinsamen Sohn Pappaufsteller zu zeigen, damit er das Gesicht seines Vaters nicht vergisst. Wie lange ihr Mann im Gefängnis bleiben wird und wie es um seinen Gesundheitszustand steht, weiß sie nicht.

Nach der Entlassung ihres Mannes aus fünfjähriger Haft lebt Wenzu Li wieder mit ihm und ihrem Kind zusammen. Er berichtet von physischer und psychischer Folter. Während seiner Haft musste er für alles eine Genehmigung einholen, selbst für so menschliche Dinge wie den Arm zu heben oder sich im Schlaf umzudrehen. Trotz seiner Freilassung gibt es für ihn keinen Moment des Aufatmens. Denn auf ihn hat das Regime in Peking noch ein Auge. Als er zu einem EU-Diplomatenkongress wollte, blockierten Unbekannte seine Wohnungstür. Sie campierten mit Stühlen im Flur und verhinderten so seine persönliche Anwesenheit. Er wurde trotzdem Online zugeschaltet. Die Schilderungen seiner Familie zeigen, wie tief die Wunden sind, die der Kampf hinterlassen kann.

Seit Sophia Xueqin Huang einen Artikel über sexuelle Belästigung an ihrer Hochschule geschrieben hat, sind Kameras auf ihre Wohnung gerichtet. Als Reaktion darauf las sie jeden Tag Kapitel aus George Orwells 1984 vor.
Sie träumte davon, in England zu studieren. Auch sie konnte ihr Ziel wegen der chinesischen Unterdrückung nicht erreichen. Ihre Reise endete mit der Verhaftung am Flughafen. Die Anklage: Untergrabung der Staatsmacht.

Filmemacherin Jialing Zhang lebt seit ihrer Dokumentation One Child Nation über Chinas Ein-Kind-Politik im New Yorker Exil. Nur mit der Unterstützung anonymer Helfer, die jene Familien drehten und Material über die Grenze schmuggelten, war es ihr gelungen, Total Trust zu realisieren.

Akis Fazit

Dass 1984 und Black Mirror nicht weit entfernt sind, ist vielen bewusst. Dass es bereits zum Alltag von Millionen Menschen gehört, ist schlichtweg erschreckend.

Die Bilder und die Geschichten der Protagonisten sind erschütternd. Filme wie dieser zeigen, dass es ein Kampf gegen Windmühlen ist, aber dass Aufgeben auch keine Alternative ist. Mit Hilfe dieser Filme, wie Total Trust, bekommen die Menschen eine Stimme und gehen nicht in der Masse der Menschen unter.

Ich gebe deshalb 10 / 10 Goldblums!

Und das sagt Beate zu TOTAL TRUST
Big Brother is watching you – 1984: Und wieder imitiert das Leben die Kunst in erschreckender Weise.
 
Es sind bereits jetzt, zumindest hier in der westlichen Welt, die vermeintlich kleinen Rechte, die die Gesellschaft bereit ist abzugeben. Es sind Infos, wie persönliche Daten, medizinischen Diagnosen, finanzieller Status, die wir ohne groß nachzudenken, preisgeben.
 
Bei Fußballspielen geht beispielsweise die Planung immer mehr in Richtung personalisierte Tickets, Gesichts- und Datenerfassung, Erstellung einer europaweiten Datenbank. All das geschieht bereits unter der Überschrift “Sicherheit“ und wirkt wie ein Testlauf, inwieweit die Bevölkerung das zulässt.
 
Doch wieviel Überwachung dient tatsächlich der Sicherheit der Bevölkerung und ab wann ist man an einem Punkt, an dem die Überwachung jeden Aspekt des Lebens kontrolliert?
 
Das ist das Thema des Dokumentarfilms von Jialing Thang, entstanden während der Covid Lockdowns, der der Journalistin Sophia Xueqin Huang und zwei Familien beim Kampf um ihre Rechte unter dem Druck der Grenzen überschreitenden Überwachungsmethoden des chinesischen Staates folgt.
 
Der Film liefert ein gleichwohl überzeugendes, wie verstörendes Bild des “Großen Bruders”, indem er anhand der Geschichten von drei Individuen, die Kontrolltaktiken der chinesischen Polizei und des Staatsapparates beschreibt.
 
Da ist zum einen die Journalistin Huang, die durch ihre Berichterstattung über die „Me Too Bewegung” unter Beobachtung steht und zum anderen die Familien von den Menschenrechtsanwälten Chang Weiping und Wang Quanzhang, die durch ihre Arbeit im Gefängnis landeten.
 
Die Methoden, die die Behörden dabei anwenden, sind perfide und George Orwells 1984 erklingt als Echo durch den ganzen Film.
 
Und die schockierende Erkenntnis aus diesem Film war für mich:
 
Das Level an staatlicher Überwachung, das die Bevölkerung in China inzwischen als “normal” und tolerabel ansieht, denn sie sind zermürbt und dadurch unempfindlich geworden; sie zensieren sich quasi selbst, ist hoch.
 
Im Film gibt es eine Szene, die mich nicht loslässt:
 
Ein kleiner Junge schreit in eine der vielen an den Straßen installierten Kameras:
 
“Es wird ein Tag kommen, an dem eure Kinder und all eure Nachfahren den Preis für das bezahlen werden, was ihre heute tut”.
 
Der Film wirkt wie ein Mahnmal: „Wehret den Anfängen”.
 
10/10 Goldblums

 

TOTAL TRUST feiert am 20. August deutsche TV-Premiere auf ARTE

Filmografie Jialing Zhang

Complicit (2017)
One Child Nation (2019)
Total Trust (2023)

Bildrechte: © Filmtank

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