Filmkritik zum Dokumentarfilm SCHWARZE ADLER

Darum geht’s im Film SCHWARZE ADLER

Filmemacher Torsten Körner widmet sich in seiner Dokumentation SCHWARZE ADLER, die am 15. April 2021 bei Amazon Prime startet und dann am 18. Juni ihre Free-TV-Premiere im ZDF hat, dem Thema Rassismus im Fussball im Kontext ehemaliger und aktueller Nationalspieler/innen.

Die in der Doku zu Worte kommenden Fussballerinnen und Fussballer gewähren sehr persönliche Einblicke in ihre Erlebnisse mit Rassismus im Alltag, wie auch im Trikot der Nationalmannschaft. Dabei erfahren wir, welchen Vorurteilen und Anfeindungen sie ausgesetzt waren und wie es früher war, im Vergleich zu heute.

Die Idee zur Dokumentation

Die Idee zu dieser Doku kam Regisseur Torsten Körner beim Einkaufen von Waschmittel. Auf der Packung prangte ein großer schwarzer Bundesadler, denn das Waschmittel empfahl sich als das der Fussball Nationalmannschaft. Der Bundesadler, der weiße Hüne, die anderen Spieler nur mit dem Rücken zu sehen, ihre Gesichter verborgen, die versprochene „Tiefenrein Technologie“, die Nationalflagge.

All das triggerte folgende Fragen:

  • War unsere Nationalmannschaft nicht schon längst diverser, als auf diesem Waschmittelkarton suggeriert wurde?
  • Hatten wir keine Schwarzen Spieler in der Mannschaft?
  • Hatte das Versprechen auf Hygiene und Reinheit etwas damit zu tun, dass die Fußballnationalmannschaft so lange als Weiß gedacht wurde?
  • Wenn es diesen existenziellen Wunsch nach Reinheit und Sauberkeit nach dem Nationalsozialismus 1945 gab, wie wirkte sich das auf unseren Blick auf unsere Heldenbilder und kulturellen Repräsentanten aus?
  • Wollten wir unsere Helden reinwaschen?
  • War im Hygienekontext –und vielleicht auch darüber hinaus–das Schwarzsein unserer deutschen Denkweise grundsätzlich negativ besetzt?
  • Und wenn das so war, durchdrangen diese Denkfiguren, diese hygienischen Imperative auch Gebiete wie Sport, Politik oder Kultur?

Die Meta-Ebene

Der Begriff SCHWARZE ADLER bekam auf und durch diesen Waschmittelkarton einen Doppelsinn, eine Bedeutungsebene, die doch so eindeutig so krampfhaft vermieden werden sollte. Ganz offenbar war es für die Werbeindustrie unmöglich, ein Waschmittel auch mit Schwarzen Spielern zu bewerben, weil textile Reinheit im Unterbewussten mit Weiß assoziiert wurde.

Hatten es Fussballer mit anderen Hautfarben auch deshalb so schwer, sich in der deutschen Nationalmannschaft durchzusetzen, weil „die Deutschen§ die Nationalmannschaft, unbewusst stets weißgedacht hatten und sie im weißen Trikot hatten siegen sehen wollen?

Das Weiße war sozusagen eine exkludierende Erfolgsformel, die es jenen Spielern schwer machte, die nicht wie Fritz Walter, Jürgen Klinsmann oder Lothar Matthäus aussahen.

Oder stimmte diese Vermutung nicht und wie ließe sich das überprüfen?

Könnte man Spieler, die dieses Werbebild noch 2020 ausschloss, nach ihren Erfahrungen, den Schwarzen Adler auf der Brust zu tragen, befragen? Gab es die vermuteten Hürden und Vorurteile? Hatte es rein sportliche Gründe oder gab es rassistische Hemmschuhe, die dazu führten, dass Erwin Kostedde lediglich drei und Jimmy Hartwig nur zwei Länderspiele gemacht haben?

Mit diesen Fragen begann die Arbeit an diesem Film

Bevor wir nun zum Trailer und der eigentlichen Filmkritik kommen, eine Trigger Warnung unsererseits: Der Film beinhaltet womöglich re/traumatisierende Inhalte. Es geht um rassistische Beleidigungen, Übergriffe und rassistisch motivierte Gewalt. Bitte stellen Sie sicher, dass Sie und Ihr Umfeld sich darauf einstellen, wenn Sie sich den Film ansehen.

Hier kommt der Trailer:

Kommen wir nun zu unserer Filmkritik SCHWARZE ADLER:

Die Doku verzichtet vollständig auf Lautmalerei und große Gesten. Das Design ist modern, minimalistisch und angenehm zurückhaltend. Auch der Einsatz von Musik ist sehr subtil und selbst das ist an manchen Stellen zu viel. Die Kamera konzentriert sich voll auf die portraitierten Sportler, das Drehbuch ist feinfühlig und zurückhaltend.

Der Mensch und seine jeweilige Geschichte stehen im Vordergrund, auf einen Moderator, einen Experten, der die Doku kommentiert, wird gänzlich verzichtet. Dabei klagt der Film den Zuschauer nicht an, sondern schärft den Blick aufs Thema und lädt dazu ein, sich mit eigenen Verhaltensmustern auseinanderzusetzen.

Die Doku wirft zudem ein Licht darauf, wie Zuschauer, Medien und die deutsche Gesellschaft mit dem Thema Rassismus bis heute umgehen. SCHWARZE ADLER zeigt auch, wie langsam die Veränderung in unserer Gesellschaft wirklich geschieht.

Tiefen Dank & Respekt gebührt den Protagonisten der Doku, die uns Einblicke in ihr Seelenleben gewährt haben. Bei vielen, die es taten, hat man gemerkt, was für eine Last sie mit sich tragen.

Fazit: Eine sehenswerte Doku, die zutiefst berührt. Daher 10/10 Goldblums

Schwarze Adler

Regie: Torsten Körner

mit Guy Acolatse, Otto Addo, Gerald Asamoah, Anthony Baffoe, Cacau, Rigobert Gruber, Jimmy Hartwig, Steffi Jones, Erwin Kostedde, Jean-Manuel Mbom, Patrick Owomoyela, Beverly Ranger, Shary Reeves, Jordan Torunarigha

VOD: ab 15. April 2021 exklusiv auf Amazon

Fotos Copyright: imago/Sven Simon & Copyright BROADVIEW Pictures imago/Sven Simon

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