Jane the Virgin

Liebesbrief an eine Serie: JANE THE VIRGIN

Manchmal schaut man eine Serie und ist einfach so überwältigt und so voller Liebe. Da kann diese Serie bereits über ein Jahr beendet sein, aber man kann einfach nicht anders, als jedem davon zu erzählen. Manche Serien sind einfach solche außergewöhnlichen Perlen, die einen auf allen Ebenen abholen. JANE THE VIRGIN ist so eine Serie. Ich habe so unsagbar viel geheult, ich habe aber auch unsagbar viel gelacht. Doch fangen wir von vorne an…

Zum Inhalt von JANE THE VIRGIN

Jane Gloriana Villanueva wurde erzkatholisch erzogen und möchte sich entsprechend bis zur Ehe aufheben. Zum Glück hat sie mit Michael auch einen wunderbaren Freund, welcher hierfür jedwedes Verständnis aufbringt. Beim Kontrolltermin beim Frauenarzt passiert es dann: aus Versehen wird sie – statt einer anderen Patientin – künstlich befruchtet. Doch aus diesem fatalen Kunstfehler entsteht etwas wunderbares mit so vielen Irrungen und Wirrungen, dass es die Kapazität dieses Artikels sprengen würde, zu weit in die Tiefe zu gehen.

Um kurz nur Einige zu nennen: Der Vater von Janes ungeborenem Baby ist niemand anderes als Schönling und Hotelerbe Rafael Solano. In seinem Hotel arbeitet Jane neben ihrem Studium. Doch ihr wahrer Traum, ist es Autorin zu werden, worauf sie auch allzeit hinarbeitet. Außerdem findet Jane ihren zuvor unbekannten Vater wieder. Das Hotel Marbella wird in einen Kriminalitätsskandal verwickelt, in dem verschiedenste Interessenten um dessen Anteile kämpfen. Es gibt Entführungen, Baby-Vorbereitungskurse, Tote, ungeahnte Freundschaften und und und. Was JANE THE VIRGIN so besonders macht, ist ein Bouquet voller wunderbarer Faktoren auf die ich einfach mal im Einzelnen eingehe.

Straight out of a Telenovela!

JANE THE VIRGIN basiert lose auf der venezolanischen Telenovela „Juana la Virgen“. Doch Serienschöpferin Jennie Snyder Urman geht hier deutlich weiter, als einfach nur das Konzept für den amerikanischen Markt zu verfilmen. JANE THE VIRGIN ist wie ein Crash Kurs in lateinamerikanischer TV-Kultur. Telenovelas sind innerhalb der Serie ein beliebtes Medium, das von den Charakteren konsumiert wird. Janes Vater, Rogelio De La Vega, ist zudem selbst Schauspieler in Telenovelas.

Und dann schaut man diesen Charakteren dabei zu, wie sie sich diese spanischen Daily Soaps voller irrwitziger und unrealistischer Plots ansehen, und ihnen fünf Minuten später vergleichbar hanebüchene Dinge passieren. Da ist alles dabei: unerwartet auftauchende Zwillinge, Amnesie, Tote die zurückkehren, Entführungen, Skandale! Und all dies moderiert von ihm: Der Sprecher. Dieser Sprecher kommentiert, erinnert einen an Dinge von vor mehreren Staffeln und entwickelt sich über deren Verlauf zu einem eigenen Charakter welcher im wunderschönen Finale sogar in die Handlung integriert wird.

JANE THE VIRGIN versteht sich selbst als eine Telenovela sowie als Homage an dieses Format. Doch das bedeutet nicht, dass die Serie nicht real ist und nicht eine Vielzahl von lebensnahen Themen anspricht.

Frauen Power

JANE THE VIRGIN wird vor allem von den Frauen in der Geschichte getragen. Der Villanueva Haushalt besteht im Kern aus Jane, ihrer Mutter Xiomara und der Großmutter Alba. Die Männer sind wichtig, aber immer nur Nebencharaktere. Der Schwerpunkt liegt auf den Frauen und ihren realen Problemen, welche definitiv nicht immer (aber manchmal) auf Männern basieren.

So habe ich die Serie zuerst für mich entdeckt, als ich selbst schwanger war. Und ich glaube ich habe noch nie eine Serie gesehen, welche das Thema Schwangerschaft, Geburt und Baby in all seinen Facetten so gut begleitet. Ich konnte mit Jane wachsen. Ihr Sohn, Mateo, ist nun so alt wie mein Sohn. Jede Staffel behandelte die Thematik um ihre Mutterschaft in den verschieden Abschnitten. JANE THE VIRGIN ist keine Serie, die diese Thematik einfach fallen lässt, wie viele andere Serien. Kind da, off to the next.

Mindestens genauso realistisch und wichtig ist die Geschichte um Großmutter Alba. Diese kam als illegale Einwanderin in die USA. Hier wird eine Geschichte erzählt die man im Fernsehen einfach nie oder zu wenig sieht. Die Angst vor Ausweisung, der ständig angespannte Zustand, den Alba jahrelang erträgt, all das kulminiert schließlich darin, dass sie sich der amerikanischen Staatsbürgerschaft versucht anzunehmen. Und diesen Prozess behandelt JANE THE VIRGIN mit mindestens genauso viel Liebe zum Detail wie das Thema Mutterschaft.

Alle drei zentralen Frauen sind aber vor allem eins: Latinas. Und auch das ist ein zentraler Aspekt von JANE THE VIRGIN. Hier wird Repräsentanz geschaffen. Es gibt nicht viele Serien die so zentral von Latinas getragen werden. Und die vor allem dies auch bewusst thematisieren. (Vida wäre da ein vergleichbares Kleinod)

Eine Liebeserklärung an die Liebe

JANE THE VIRGIN wäre natürlich keine Romantic Comedy, wenn Liebe nicht über Allem stünde. Das zentrale Liebesdreieck besteht dabei aus Jane und Michael sowie dem Vater ihres Kindes, Rafael, mit dem sich über das unerwartete Glück natürlich auch eine Beziehung ergibt. Doch in JANE THE VIRGIN bekommen alle Töpfe ihren Deckel. Die Serie nimmt ihren multigenerationalen Familienkern sehr ernst und zeigt, dass es nie zu spät ist, die Liebe zu finden.

Familiäre und freundschaftliche Liebe sind dabei natürlich genauso wichtig. Aus den beiden einst verfeindeten Frauen Jane und Petra wird durch zwangsläufige Verstrickungen eine der schönsten Frauenfreundschaften, die ich seit langem gesehen habe. Der einstige Macho Rafael wird im Verlauf von fünf Staffeln durch väterliche Liebe zu seinen Kindern ein völlig neuer Mensch. Im Liebesdreieck mit Jane ist er zunächst der Underdog, doch man kann irgendwann nicht anders als für ihn mitzufiebern.

Neben dem emotionalen Spektrum der Liebe ist ein wesentlicher Punkt auch stets der „aktive“ Sex! Und da macht die Serie auch einfach nur alles richtig. Janes Jungfräulichkeit ist ihre eigene Entscheidung und wird zu keinem Zeitpunkt mit Scham oder als Witz abgetan. Als sie ihre Sexualität im späteren Verlauf für sich entdeckt, finden ehrliche und tiefgründige Diskussionen statt. Erwartungshaltungen werden dekonstruiert und verschiedene Standpunkte kommen zu Wort. Auch in Sachen LBGTQ+ Repräsentanz glänzt die Serie. LBGTQ+ Charaktere existieren und führen normale Beziehungen. Diese Beziehungen werden nie als anders thematisiert, sondern sind nur das: Beziehungen zwischen Menschen.

Ein weiteres wunderbares Element von JANE THE VIRGIN sind zudem die schönen Visualisierungen. Gerade in Sachen Liebe habe ich selten so einen passenden Trick gesehen, um die Gefühle eines Charakters jedem Zuschauer klar zu machen. Wenn es einem vorm Fernseher warm ums Herz wird, dann leuchtet dem Charakter das Herz auf. Du siehst es und fühlst es einfach direkt mit.

Ich und Jane

Vielleicht liegt es auch an mir und ich kann euch hier das alles schreiben, aber niemand kann mir folgen. Aber für mich war die Villanueva Familie wie eine eigene kleine Familie. Das Ende der Serie fühlt sich an, wie einen guten Freund zu verlieren. Nur mit dem Vorteil, dass ich diesen Freund, Netflix sei Dank, immer wieder holen kann.

In den letzten fünf Jahren/Staffeln bin ich mit Jane gewachsen. Ich wurde Staffel für Staffel so absolut abgeholt. Wir haben zusammen ein Kind groß gezogen. Wir durchlebten ein Liebesdreieck zusammen. Auch als Autoren sind wir gemeinsam gewachsen. Janes anfängliches Hobby entwickelt sich im Verlauf der Serie zur Karriere. Da bin ich noch nicht. Vielleicht muss ich da auch nicht hin. Aber ich wurde vollends inspiriert. Ich fühle mich durch JANE THE VIRGIN auch irgendwie künstlich befruchtet.

JANE THE VIRGIN ist eine Serie, die man immer wieder rauskramen kann, wenn man der Realität entfliehen will und dennoch auf dem Boden der Tatsachen bleiben möchte. JANE THE VIRGIN ist eine wahre Perle und jetzt schaut es euch verdammt nochmal an! 100 von 10 Punkten!

(Bilder © THE CW)

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