Eine Gast-Review von Daniel Schmitt
Mit viel schwarzem Humor erzählt I, TONYA die unglaubliche, aber wahre Geschichte der Eiskunstläuferin Tonya Harding, um die sich einer der größten und verrücktesten Skandale der Sportgeschichte spannt. Als erste Amerikanerin vollzog Tonya innerhalb eines Wettbewerbs gleich zwei sogenannten Dreifach-Axel, einem der anspruchsvollsten Sprünge im Eiskunstlauf.
In dieser Review geht’s um eine wahre Geschichte…
Ihr Name wird für alle Zeiten mit dem schlecht geplanten und 1994 stümperhaft durchgeführten Attentat auf ihre Konkurrentin Nancy Kerrigan in Verbindung bleiben, das ihre Erzrivalin trainingsunfähig machen und Tonya den Sieg in den amerikanischen Meisterschaften sichern sollte – doch es kam anders…
Auf dem diesjährigen Toronto Film Festival war I, TONYA eine Sensation, die Publikum und Kritik gleichermaßen begeistern konnte. DCM hat die Rechte an der schwarzen Komödie von Sierra/Affinity für Deutschland erworben und wird den Film am 22. März 2018 in die deutschen Kinos bringen.
Meine Gedanken zum Film „I, TONYA“
Ich lasse mich gerne überraschen und gehe oft ohne jede Vorab-Info ins Kino. Kein Trailer, keine Empfehlung, keine Rezension/Film-Kritik/Review – eine Art Blinddate mit der Kinoleinwand. So war es auch beim Film I, TONYA. Als mir klar wurde, dass es um die Geschichte einer Eiskunstläuferin geht, war ich im ersten Moment enttäuscht: Ich hatte weder eine Ahnung davon, wer Tonya Harding ist, noch hatte ich mich bisher für Eiskunstlauf interessiert. Die einzige mir bekannte Person, die ich mit diesem Sport in Verbindung bringen konnte, war dank ihrer medialen Omnipräsenz nach der Einheit „unsere“ Katarina Witt.
Trotz meiner urspünglichen Bedenken was den Inhalt des Films angeht, konnte mich der Streifen von Beginn an in seinen Bann ziehen. Das Thema Eiskunstlauf ist auch eigentlich nur das Vehikel um mit Hardings Geschichte eine Botschaft zu vermitteln, die so oder ähnlich auch auf zahlreiche andere Lebenssituationen zutreffen könnte. Es lässt sich schwer auf den Punkt bringen aber es geht um Ehrgeiz, Erfolgssucht und Anerkennung. Der Film erzählt den Aufstieg und Fall Hardings indem er weit vorne im Leben von Tonya beginnt.
Schon als Kleinkind wurde sie von ihrer wenig liebevoll dargestellten Mutter LaVona Harding (gespielt von Allison Janneys) aufs Eis gestellt. Was ihr damals als Kleinkind sichtbar Freude bereitete entwickelte sich immer mehr zu einem Ausweg aus der lieblosen Mutter-Tochter-Beziehung in eine Welt, in der die ausbleibende Anerkennung durch ihre Mutter wenigstens im Sport zu bekommen war. Gut möglich, dass Tonyas Antrieb tatsächlich die Suche nach der dem Respekt ihrer Mutter war – und am Ende genau die demütigende Art dieser lieblosen, rauchenden Mutter den sportlichen Erfolg herbeigeführt hat. Jedenfalls entwickelte sich im Laufe der Jahre bei Tonya wohl eine Sucht nach Anerkennung und Erfolg, die sogar vor dem Ausschalten von Mitstreitern keinen Halt kannte.
Alles in allem ist I, TONYA ein spannender, unterhaltsamer Film, der mich in jeder seiner 119 Minuten gefesselt hat. Vor allem die außergewöhnlich spezielle Rolle von Tonyas Mutter wurde von Allison Janneys großartig gespielt. Ich war mir bis zum Ende des Films nicht sicher, ob man diese Mutter verstehen, hassen oder lieben soll. Auch Tonya – gespielt von Margot Robbie – hat mir sehr gut gefallen. Trotz ihrem grenzenlosen Ehrgeiz immer die Beste sein zu wollen, bleibt Tonya dank ihrer unbedarften, ehrlichen Art immer das sympathische Mädchen aus einfachen Verhältnissen, das es der Welt zeigen will. Eine wahre American Story fesselnd erzählt.
Heute hat Tonya Harding wie so viele noch einen Eintrag bei Wikipedia und eine Webseite, die so aussieht, als ob auch für die echte Tonya Harding nach Ihrem letzten Sieg in 1994 die Welt stehen geblieben wäre.
Fazit: 8 von 10 Punkten
Kinostart: 22.03.2018 im Verleih von DCM