1 Film, 2 Meinungen – IN THE MIDDLE OF THE RIVER

Von Beate Geibel und Ricarda Eichler

Am 16. August startet IN THE MIDDLE OF THE RIVER in den deutschen Kinos. Der Film vom Berliner Regisseur Damian John Harper wurde u. A. vom ZDF und arte mit produziert. Ein junger Kriegsveteran kehrt aus dem Irak zurück und macht es sich zur Aufgabe den mysteriösen Tod seiner Schwester zu klären. Es geht um PTSD, Waffen, häusliche Gewalt, Vergewaltigung und am Rande auch etwas um Rechte der Ureinwohner. Lohnt sich der Kinobesuch? Beate und Ricarda, heute mal mit zwei wirklich komplett konträren Meinungen für Euch.

Zum Inhalt

Getrieben von dem Gedanken, dass der gewalttätige Großvater für den mysteriösen Tod seiner Schwester verantwortlich ist, kehrt der Irak-Veteran Gabriel (Eric Hunter) in sein bescheidenes Zuhause im ländlichen New Mexico zurück. Aus dem Drang heraus, seine Familie zu beschützen, beschließt er, seinen Großvater (Max Thayer) zu töten. Doch am Tag der Abrechnung wird sein Plan durchkreuzt. Er ist gezwungen, einen ganzen Tag mit seinem Großvater zu verbringen. In tiefführenden Gesprächen finden sie heraus, dass sie beide ähnliche traumatische Kriegserlebnisse verbinden. Je mehr die Vater-Sohn-ähnliche Beziehung der Beiden wieder aufzuleben scheint, desto schwieriger wird es für Gabriel, seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Ricarda sagt

Ich geb mir ja echt Mühe, in jedem Film was Gutes zu sehen – aber uff, hier hab ich mich echt durchgequält! Ich, und auch die anderen Pressevertreter im Kino konnten es wirklich alle nicht erwarten, dass es vorbei war! Damian John Harper nennt es shaky camera? Ich nenne es Migräneanfall. Manchmal konnte ich vor lauter Motion sickness wirklich nicht hinsehen. Eine Einstellung, wo nur ruhig zwei sitzende Personen gefilmt werden. Dann lehn dich doch wenigstens an der Wand an, um mal die Hand ruhig zu halten! Nein! Selbst da wird gefühlt absichtlich gewackelt, was das Zeug halt. Shake it up, shake it up, wie die Taylor Swift schon sang.

Inhaltlich hatte mich die oben stehende Kurzbeschreibung durchaus gereizt. Doch leider betrifft diese Inhaltsangabe eher nur die letzten 10 Minuten des Films. Es geht nicht um stundenlange, tiefgründige Gespräche zwischen entfremdeten Enkel und Großvater. Es geht die meiste Zeit darum, so viele Klischees armer post-Irak Trailerpark Bevölkerung aufzugreifen wie möglich. Drogen. Waffen. 12-jährige Gangster. Vergewaltigung. Für etwas extra Pepp eine Prise Rassenkonflikt. Dein Vergewaltigungsfall wird von der Polizei ignoriert? Liegt nicht an dir, liegt dran, dass du Navajo bist.

So hatte ich das Gefühl, Harper würde hier einfach versuchen eine eher maue Gesamthandlung mit so vielen soziopolitisch kontroversen Themen aufzupeppen wie möglich. Unter deren Gewicht geht die Handlung allerdings nur noch mehr unter. Für mich das einzige kleine Highlight, war wie gezeigt wurde, dass der böse Großvater durchaus auch mit den Urenkeln spielte. Durchaus auch mit Hauptcharakter Gabe über dessen Kindheit und alte Erinnerungen lachte. Dass dieses vermeintliche Monster auch menschliche Züge hatte. Und nicht komplett im Klischee des gewalttätigen Suff-Familientyrannen verschwand.

Insgesamt hatte ich aber zu viel Migräne. Von der Kamera und gelegentlichen facepalms.

Fazit: 2 von 10 Punkten

Beate sagt

Der zweite Film “In The Middle Of The River” vom aktuell in Berlin beheimateten amerikanischen Regisseur und Drehbuchautor Damian John Harper, wurde beim Münchner Film Festival bereits mit dem Drehbuchpreis ausgezeichnet. Harper, der diesmal für Drehbuch und Regie verantwortlich war, zeichnet hier ein Bild der sozialpolitischen Lage in den USA, basierend auf eigenen Beobachtungen und wahren Geschichten.

Die Schauspieler sind Laien, die für ihre Rollen nicht auf eine professionelle Ausbildung, sondern auf ihre persönlichen Lebenserfahrungen zurückgreifen und damit den verschiedenen Charakteren der Geschichte Lebendigkeit und Authentizität verleihen.

Getragen wird der Film von den herausragenden Darstellungen von Eric Hunter (Gabriel) und Max Thayer (Lawrence). Ihr berührendes Spiel ist eindringlich und wird durch den Soundtrack, vor allem aber durch die ungewöhnliche Kameraführung, die die Protagonisten hautnah begleitet, ihnen quasi direkt über die Schulter guckt, perfekt unterstützt.

Der Film ist an manchen Stellen schwer zu ertragen, denn Gewalt in der Familienstruktur ist so allgegenwärtig wie selbstverständlich und die zarte Hoffnung auf eine bessere Zukunft scheint nur in ganz wenigen Momenten durch das dichte Gewebe aus Enttäuschung, Wut, Angst und Ohnmacht.

Klar bedient der Film an manchen Stellen Klischees und hätte eine Steigerung im Tempo gut vertragen, er besitzt aber trotz dieser kleinen Fehler eine enorme Wucht, Mut zur Hässlichkeit, weil er Schönheit im Chaos findet und mit ganzer Kraft konfrontiert und berührt.

Wer sich für Einblicke in sozialkritische Themenbereiche der US Gesellschaft interessiert, vor unschönen Bildern und emotionalen Berührungen keine Angst hat, der ist hier richtig.

Fazit: 7,5/10

Foto: Farbfilm Verleih GmbH

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