Dystopische Sci-Fi-Stories gibt es zu Hauf. Doch dass diese gar nicht so ein neuzeitliches Phänomen sind, beweisen Klassiker wie beispielsweise Krieg der Welten – oder, bereits deutlich früher: El Eternauta von Héctor G. Oesterheld. Der argentinische Autor brachte seine Vision bereits 1957 heraus. Jetzt wurde die Story von Netflix adaptiert und wird noch 2025 über unsere Bildschime flimmern. Zeit sich mal zu den Ursprüngen zu begeben, also zumindest so halb…
Zur groben Einführung, hier der glücklicherweise eher kryptische Trailer zur Netflix-Serie:
Darum geht es in EL ETERNAUTA
Buenos Aires, 1963: Juan Salvo sitzt mit seiner Familie und Freunden beim Kartenspiel, als es zu schneien beginnt. Der Schnee, der auf die Stadt fällt, ist tödlich, sein Gift dringt durch jede Ritze, wer mit ihm in Berührung kommt, stirbt sofort. Außerirdische haben Buenos Aires erobert, mit Hilfe des Schnees, Rieseninsekten und versklavten Wesen eines anderen Planeten töten SIE die Bewohner der Stadt oder verwandeln sie in Robotermenschen. Juan Salvo und seine Freunde gehören zu den wenigen Überlebenden. Sie entschließen sich, gehen den übermächtigen Feind in den Kampf zu ziehen. Ein Kampf, bei dem Salvo nicht nur sein eigenes Leben aufs Spiel setzt – sondern auch das seiner Familie…
Ganz kurz zur Geschichte
Die Geschichte Oesterheld erschien zunächst zwischen 1957 und 1959 als serieller Comic im agentinischen Magazin Hora Cero Semanal. Als Zeichner wurde Francisco Solano López engagiert. Nachdem das Magazin 1959 schließen musste, war erst einmal Schluss. Fast zehn Jahre später beschloss der mittlerweile durch die Unruhen im Land deutlich gezeichnete Oesterheld der Geschichte einen zweiten Anlauf zu geben.
Im Magazin Gente wurde eine Neuauflage veröffentlicht. Gezeichnet von Alberto Breccia. Dass es hier nicht nur um eine Alien-Invasion ging, war sowohl Leserschaft als auch Politik durchaus bewusst, so dass die Version trotz ihrer Kurzer zeitnah und abrupt wieder eingestellt wurde. Vermeintlich auf Grund offener Kritik am Zeichenstil Breccias. Die folgende Review behandelt diese Version der Story: Eternauta 1969.
Der ewige Reisende und der Schnee des Todes
Die Geschichte von Eternauta hat einen interessanten Kniff. Am Anfang steht ein Comiczeichner – mutmaßlich Breccia – der seiner Arbeit nachgeht. Eines Abends erhält er einen ungewöhnlichen Besucher. Ein Fremder möchte ihm seine Geschichte erzählen. Der ewige Reisende, der Eternaut, wie er sich nennt, bietet die Rahmenhandlung. Und zu Ende des knapp 54-Seiten umfassenden Bandes wird auch klar, wo seine Reise begann.
Sieht man die Geschichte nur für sich stehend, handelt es sich um das klassische Alien-Invasions-Ding. Tod, Verderben, Käfer-ähnliche Horrorwesen – ein wenig Bodysnatcher-Horror ist auch am Start. Eine solide Sci-Fi-Erzählung, der Stoff, aus dem gute Abendunterhaltung mit dem Streamingdienst des Vertrauens gemacht ist. Das wirklich spannende an ETERNAUTA ist aber eben gerade das Setting und der Kontext.
Tief graben muss man nicht, um zu checken, dass der invasorische Angriff, das Verlassensein von den „Großmächten“ und der tödliche Schatten, der sich über das Land legen, etwas anderes sind, als bloße Sci-Fi.
Fazit: ETERNAUTA lädt ein, über den Tellerrand zu blicken
Wie viel wissen Ottonormal-Netflix-Konsument:innen über die politischen Unruhen in Lateinamerika in den 50ern und 60ern? Was meist noch gerade so herüberschwappte, war die Situation in Kuba – das coole Che Guevara Plakate oder T-Shirt trugen all Pseudo-Revoluzzer in den späten 90ern und fühlten sich dabei ach so edgy.
Doch dass es da viel mehr gab, dass nahezu jeder Teil Lateinamerikas nicht nur gegen sich selbst und aufstrebende totalitäre Regime, sondern auch noch gegen diese vermalledeiten „Großmächte“ kämpfte, spielt in unseren Welten selten eine Rolle. EL ETERNAUTA lädt dazu ein, das zu ändern. Es bietet nicht nur solide Sci-Fi-Unterhaltung, sondern auch einen Blick auf ein historisch oft vernachlässigtes Kapitel.
Wer nur für den Sci-Fi hier ist, erlebt hier aber auch einen wahren Klassiker des Genres. Die „Gurbos“, wie die außerirdischen Wesen heißen, liefern einige klare Inspirationen für spätere Werke. Die Zeichnungen Breccias sind zugegebenermaßen teilweise etwas wirr. Man könnte es auch „expressionistisch“ nennen. Die Kritik, auf welcher im Nachwort eingegangen wird, kann ich zu teilen nachempfinden. In manchen Panels fällt es schwer zu erkennen, wer nun wer ist.
Dafür bietet die ETERNAUTA 1969 Fassung aber einen guten Einstieg in die Welt, der definitiv Vorfreude auf die Netlix Show macht!
Von mir gibts dafür 7,5 von 10 Punkten
ETERNAUTA 1969 von Héctor G. Oesterheld und Alberto Breccia erschien beim Avant Verlag für 22 Euro und ist überall da erhältlich, wo es was zum Schmökern gibt!
Wer zusätzlich noch die Originalfassung lesen möchte, findet diese für 39,95 Euro ebenfalls beim Avant Dealer des Vertrauens!
Bildrechte: © Héctor G. Oesterheld. Alberto Breccia / Avant Verlag