Manche Serien knallen dir nicht einfach eine Geschichte hin: Sie schleudern sie dir entgegen. Und dann sitzt du da. Denkst: What the hell did I just watch? So ging’s mir mit TOO MUCH.
Seit dem 10. Juli streambar, serviert die britische Serie rund um die New Yorkerin Jessica ein bittersüßes Chaos zwischen Trennungsschmerz, Drogentrips und tief verwurzelter Verletzlichkeit. Und obwohl ich zwischenzeitlich kurz aussteigen wollte, bin ich am Ende völlig versöhnt.
Darum geht’s (Spoilerfrei!)
Jessica (Megan Stalter) ist eine überarbeitete Amerikanerin, Mitte dreißig, frisch getrennt, hochsensibel und auf der Flucht vor sich selbst. Als ihr das Leben in New York zu viel wird, zieht sie kurzerhand nach London – mit der romantischen Vorstellung, sich in Jane-Austen-Manier in Einsamkeit zu retten.
Doch dann taucht Felix (Will Sharpe) auf. Charmant, sensibel – und eine wandelnde Red Flag. Zwischen beiden entwickelt sich eine Verbindung, die weder gesund noch ganz zu brechen ist. Was folgt, ist ein rasanter Trip durch Liebeswirren, psychische Tiefen und ein absurdes London voller Exzesse, Schmerz und Nähe.
Hier könnt Ihr einen Blick in den Trailer werfen…
Episode 1.1–10: Die Review…
TOO MUCH ist… wirklich too much. Aber das ist eben auch die Pointe. Die Serie ist laut, roh, grell – und dennoch rührt sie an etwas ganz Zartem.
Zwischen überdrehten Drogenszenen, skurrilen Dialogen und Bruchstücken von Beziehungen entfaltet sich ein leiser Kern: der Wunsch nach Verbindung. Nach gesehen werden. Nach einem Ort, an dem man nicht als zu viel gilt.
Was mich berührt hat…
- Jessicas Art, hemmungslos über Abtreibung, Sex, Trauer und Einsamkeit zu reden – manchmal so unangenehm ehrlich, dass es wehtut.
- Felix, der nach drei Jahren Drogen- und Alkohol-Abstinenz endlich wieder vertrauen will – und sich in einem Paddington-Moment hemmungslos in Tränen auflöst.
- Die Szene mit dem Ex, die eine der realistischsten Darstellungen von Gaslighting ist, die ich je gesehen habe.
Was für mich nicht funktioniert hat…
- Einige Szenen (insbesondere im Haus des Chefs) wirken überdreht, fast selbstverliebt ins Chaos.
- Der Spagat zwischen ernstem Drama und skurriler Comedy gelingt nicht immer.
- Manche Nebenfiguren bleiben Karikaturen – obwohl sie mehr Tiefe verdient hätten.
Steckbrief: Fakten & Bewertung
Kategorie | Bewertung / Fakten |
---|---|
Genre | Dramedy, Romance, Chaos mit Tiefe |
Showrunner | Lena Dunham (Produzentin), Alice Seabright |
Hauptdarsteller:innen | Megan Stalter, Will Sharpe |
Neue Themen | Gaslighting, Trauma, Einsamkeit, Bodypositivity |
Beste Szene | Jess + Felix auf der Couch: Paddington & Tränen inklusive |
Schwächster Moment | Drogenszene im Boss-Haus (einfach drüber) |
Atmosphäre | 🎭🎭🎭🎭⚪ 8/10 |
Spannung | 🎢🎢🎢⚪⚪ 6/10 |
Emotionen | 💥💥💥💥⚡ 9/10 |
Empfohlen für | Fans von Fleabag, Girls, Emily in Paris (okay, auf Ecstasy) |
VÖ Deutschland | 10. Juli 2025, 9:00 Uhr bei Netflix |
Fazit
TOO MUCH ist nicht perfekt. Aber es ist mutig. Und das macht es besonders.
Ich musste an neulich denken, als ich beim Orthopäden in der Warteschlange stand. Vor mir ein junger Mann, der irgendwie aus der Reihe getanzt ist – im wahrsten Sinne. Er hat lautlos Tanzübungen gemacht, ist immer wieder rausgetreten, hat fremde Leute angestarrt. Erst hab ich mich gefragt, was bei ihm los ist. Dann hab ich’s gelassen. Vielleicht hatte er Tourette. Oder Autismus. Oder einfach die Schnauze voll davon, sich zu verstellen.
TOO MUCH ist dieser Typ. Unangepasst, drüber, liebevoll. Nicht immer einfach, aber echt.
Zwischen nervigen Monologen und echten Tränen, zwischen Trash und Poesie bleibt am Ende eine Geschichte, die berührt. Eine Geschichte über zwei Menschen, die sich lieben, obwohl sie nicht wissen, wie man liebt. Und vielleicht ist das – wie bei der Warteschlange beim Orthopäden – genau das, was wir öfter brauchen: Menschen, die „anders“ sind. Und damit wunderschön.
7,5 von 10 – und eine dicke Empfehlung für alle, die Serien lieben, die sich was trauen.
Good To Know…
- Megan Stalter wurde vor allem durch virale Video bekannt – und beweist hier, dass sie weit mehr kann als Comedy.
- Die Gastauftritte sind ein Fest: Andrew Scott, Lena Dunham, Kit Harington, Rita Ora, Jessica Alba, Naomi Watts u.v.m.
- Produziert wurde Too Much von Working Title und u.a. von Lena Dunham.
- Felix-Darsteller Will Sharpe (bekannt aus The White Lotus und Flowers) liefert hier seine vielleicht bisher verletzlichste Performance.
Crew: Lena Dunham | directors, writers
Besetzung: Megan Stalter, Jessica Salmon, Will Sharpe, Felix Remen
Bildrechte: © 2024 Netflix, Inc.