Filmkritik zum Kinostart von SULTANAS TRAUM

Inspiriert von einer feministischen Science- Fiction-Geschichte, die 1905 in Bengalen geschrieben wurde, begibt sich Inés in dem Film SULTANAS TRAUM auf eine Initiationsreise durch Indien auf der Suche nach Ladyland, dem utopischen Land der Frauen.

Worum es genau geht und wie mir der Film gefallen hat, könnt Ihr in meinem Microfazit hören. 

Hier könnt Ihr einen Blick in den Trailer werfen…

Darum geht’s in SULTANAS TRAUM

Die junge Künstlerin Inés stößt in einer indischen Buchhandlung auf „Sultana’s Dream“, einen Science-Fiction-Band, der vor mehr als hundert Jahren von einer Frau namens Rokeya Hossain geschrieben wurde. Fasziniert von den kühnen Visionen einer Unbekannten begibt sich Inés auf eine hypnotische Reise quer durchs Land – auf der Suche nach dem sagenumwobenen „Ladyland“ und ihren verloren geglaubten Träumen.

SULTANAS TRAUM von Rokeya Hossain (1905)

„In Ladyland, ladies rule over the country and control all social matters, while gentlemen are kept in the mardanas to mind babies, to cook and to do all sorts of domestic work.“

SULTANA’S DREAM, das Pionierwerk der Science-Fiction und der feministischen utopischen Literatur, wurde 1905 von Begum Rokeya in Bengalen, dem heutigen Bangladesch, geschrieben. Die Kurzgeschichte skizziert eine utopische Zukunft, in der Männer in den häuslichen Bereich zurückgedrängt wurden, während Frauen eine friedliche und gerechte Gesellschaft in Harmonie mit der Natur gestalten.

Der Film übt Kritik an Patriarchat, Krieg, Industrialisierung sowie Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und spricht damit – auf eine unerwartet visionäre Art – die Anliegen unserer heutigen Welt.

Good to know: Der Animationsstil 

SULTANAS TRAUM nutzt unterschiedliche Animationstechniken, die jeweils verschiedenen Erzählebenen und ihren kulturellen und historischen Kontexten entsprechen. Der Teil über die Reise der Protagonistin Inés (52 Min) spielt in der Gegenwart und ist in traditioneller 2D-Animation gehalten.

Es ist im Aquarellstil ausgeführt, denn unsere Protagonistin ist eine Künstlerin: Im Film macht sie sich Notizen und zeichnet Bilder von ihrer Reise. Die Hintergründe wurden komplett mit Aquarellfarben (analog) gemalt, die Figuren – digital. Für einige Einstellungen wurde ein 3D-Raum konstruiert, auf den die Aquarelltexturen und -farben aufgetragen wurden.

Die Sequenzen über das Leben von Rokeya

Diese Sequenzen dauern acht Minuten und spielen im Indien des frühen 20. Jahrhunderts und sind in der Cut-Out-Technik ausgeführt, die von dem für Indien zu Beginn des 20. Jahrhunderts typischen Schattentheater inspiriert ist. Für die Realisierung dieses Teils wurde das Filmteam von einer Gruppe von Künstler*innen und Handwerker*innen beraten, die auf den Bau von Schattentheaterpuppen in Bengalen spezialisiert sind.

Die Animation fand direkt unter der Kamera auf einer Multiplane statt. Die Hintergründe sind handgemalt auf Seidenpapier. Sie werden von hinten beleuchtet, wodurch die für diese traditionelle Theaterform charakteristische Transparenz und Lichttextur erreicht wurde. Das Schattentheater wird in der Regel von einem*einer Erzähler*in begleitet, daher hat das Team Wert auf eine Klangbehandlung gelegt, die diesen populären Charakter wiedergibt.

Moushumi Bhowmik, eine bekannte Sängerin und Kennerin der bengalischen Volksmusik, hat den Text in Form eines Gedichts verfasst. Tajdar Junaid, ein bekannter Komponist aus Kalkutta, hat die Musik geschrieben und Dipannita Acharya hat gesungen. Die Beleuchtung erfolgte mit Kerzen, um die Atmosphäre des Schattentheaters wahrheitsgetreu wiederzugeben.

Die Ladyland-Animation

Der Teil, welcher dem Ladyland gewidmet ist (8 Min), ist eine freie Adaption. Er wird vollständig im Mehndi-Stil (ornamentale Körperbemalung) ausgeführt, wobei ausschließlich Henna verwendet wurde. Im Laufe der Produktionsjahre hat das Team mehrere Workshops mit Expert*innen dieser Kunst in Ahmedabad, Mumbai, Bangalore und Kalkutta absolviert.

Ladyland wurde in Zusammenarbeit mit dem Frauenkollektiv und der Genossenschaft Self Employed Woman Association (SEWA) realisiert, die sich vor allem für die Stärkung und Unabhängigkeit von berufstätigen Frauen einsetzt. Während der Workshops entwarfen und gestalteten die Mehndi-Künstler*innen alle Elemente und Figuren, aus denen sich die Ladyland-Szenen zusammensetzen.

Nach der Lektüre der Geschichte und einigen Hinweisen ergaben sich sowohl die Figuren als auch die Elemente der Geschichte spontan. Die Verwendung dieses Stils schien die bestmögliche Hommage an Rokeya Hossain zu sein: Das temporäre Mehndi-Tattoo ist ein Vorrecht der Frau, das traditionell mit Hochzeiten oder Festen verbunden ist und Weiblichkeit symbolisiert.

Viele der Mehndi-Künstler*innen haben für den Film zum ersten Mal auf Papier gemalt. Das gleiche Prinzip gilt auch für die Tonebene (verantwortet von Gianmarco Serra): In Ladyland mischen sich traditionelle Klänge und Musik, die in einem Studioin Indien aufgenommen wurden (Banshuri, Sitar, Trommeln, Wiegenlieder etc.) mit Elementen zeitgenössischer Musik. Der populäre Geist trifft auf Avantgarde, die Gegenwart – auf einen Traum, eine Utopie.

Regie: Isabel Herguera
Drehbuch: Isabel Herguera, Gianmarco Serra
Produzent:Innen: Isabel Herguera, Diego Herguera Acosta, Chelo Loureiro, Mariano Baratech, Fabian Driehorst, Iván Miñambres
Gefördert von MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein

Bundesweiter Kinostart: 7. März 2024
im Verleih von
FILMS THAT MATTER
by luftkind filmverleih

Bildrechte: © Luftkind Filmverleih

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