Bereits letztes Jahr in Deutschland bei CrossCult Comics erschienen, ist THEY CALLED US ENEMY aktuell brisanter denn je. Schauspieler und LGBT-Ikone George Takei (Star Trek) erzählt darin über die Inhaftierung seiner Familie in den Camps für US-Japaner während des 2. Weltkriegs. „Asian Hate“, ist mitnichten ein neues Thema. Doch selten litten Asiaten im Weltgeschehen so offen unter Rassismus, wie damals Japaner in den USA, und heute nahezu alle Ostasiaten unter der Corona-Pandemie und der damit einherschreitenden Massenverdummung.
Zum Inhalt von THEY CALLED US ENEMY
Ein dunkles Kapitel der US-Geschichte: In dieser beeindruckenden Graphic Novel schildert George Takei seine Erlebnisse in jenen Internierungslagern, die von den USA im 2. Weltkrieg für den Teil der Bevölkerung mit japanischen Wurzeln eingerichtet wurden. Die Welt des vierjährigen George verändert sich von dem einen Moment auf den anderen, als sich eines Morgens sein Heimatland im Krieg mit dem seines Vaters befindet. Seine ganze Familie? Plötzlich DER FEIND.
Die Graphic Novel THEY CALLED US ENEMY, kreiert von Takei und den Co-Autoren Justin Eisinger, Steven Scott sowie Zeichnerin Harmony Becker, liefert Antworten zu Fragen, die gerade im heutigen Amerika, geprägt durch neu aufflammende Konflikte innerhalb der Gesellschaft und mit anderen Nationen, wichtiger sind denn je: Was ist ein US-Amerikaner? Wer entscheidet das? Wenn die Welt sich gegen dich wendet: Was kann ein einzelner Mensch bewirken?
Meine Review
Es ist wirklich immer wieder einfach nur krass zu sehen, wie innerhalb von Thematiken wie Diskriminierung im Allgemeinen und Rassismus im Konkreten abermals abgestuft wird. Jeder weiß heutzutage in Groben Zügen über die dunkle Kolonialgeschichte und die Ausbeutung indigener Bevölkerungen Bescheid. Doch wer denkt bei Rassismus direkt an Asiaten? Die wenigsten, die nicht davon betroffen sind. Der Rassismus mit dem sich Asiaten, insbesondere Ostasiaten, konfrontiert sehen ist oft schleichender, subtiler.
Außer im Zweiten Weltkrieg. Der Angriff auf Pearl Harbour löste eine Welle des Hasses aus, mit der sich besonders natürlich alle Japaner auf Amerikanischem Boden konfrontiert sahen. Natürlich traf dieser Hass bereits damals nicht nur Japaner, sondern auch andere Menschen asiatischer Abstammung. Denn welcher Ottonormal-Hasser macht sich schon die Mühe zu fragen, woher das Opfer kommt.
George Takei und seiner Familie wurde damals, wie allen Japanern um sie herum, alles genommen. Enteignung, Vereisung der Konten, die Rechte, die Freiheit. Eine erschreckende Herabsetzung der Menschenwürde. Kein Wunder, dass Takei also diesen Zeitpunkt fand um seine Geschichte zu veröffentlichen. Im Zuge von Trumps geplantem Mauerbau an der Grenze Mexikos und der Internierung von Grenzgängern fühlte sich Takei einfach in seine traumatische Kindheit zurückversetzt.
Fazit
Der Zeichenstil von Harmony Becker erinnert an den japanischer Mangaka. Dies soll sicherlich die kulturelle Abstammung Takeis repräsentieren. Sein japanisches Erbe ist in ihm, doch geboren und groß geworden ist er als Amerikaner. Dennoch wurde er interniert. Denn nichts ist ansteckender als Hass, besonders wenn er durch Angst geschürt wird. Und Angst lag im Zweiten Weltkrieg allerorts in der Luft.
Die Geschichte hat Emotion und Tiefgang, dennoch werden die Ereignisse stets fast schon chronistisch erzählt und in den historischen Kontext eingeordnet. Damit ist THEY CALLED US ENEMY mehr Überlebenden-Report denn autobiographisches Storytelling.
Im aktuellen Kontext kann THEY CALLED US ENEMY auch wichtige Erinnerung sein, dass man die Taten einzelner niemals auf eine ganze Nation beziehen kann oder sollte. Klingt dumm das zu schreiben, denn für jeden mit mindestens 1/2 Hirnzelle, ist dass logisch. Aber die mit weniger Hirn existieren ja leider auch. Und deren uninformierten Hass auf Menschen asiatischer Abstammung, als die „Quelle von Corona“, durfte man zuletzt ja leider bereits in den Nachrichten erleben.
Ich vergebe dieser Graphic Novel 9 von 10 Punkte. Storytelling und Pacing haben waren hier und da etwas schleppend, das tut dem Inhalt allerdings keinen Abbruch!
Bildrechte: © George Takei, Harmony Becker, Justin Eisinger, Steven Scott / CrossCult-Verlag